Ein Drang nach Identität – Simoné Goldschmidt-Lechner (SGL): Messer, Zungen

Was bleibt einem übrig, wenn Fragen an die Vergangenheit unbeantwortet bleiben? Simoné Goldschmidt-Lechner gräbt autofiktional in losen persönlichen Fragmenten herum, um einen Roman zu präsentieren, der eine ganz eigene Familiengeschichte stückhaft zusammenfügt. Daraus gewinnt sie eine Idee der Identität und des Seins. In der Geschichte wird alles mit dem Wissen der Gegenwart betrachtet; vergangene Missverständnisse, Fehler oder Verhaltensweisen, aber auch die Sprache oder die Sprachen sind maßgebliche Faktoren für das Selbstverständnis der Protagonistin namens Mädchen.

Gebrochene Verhältnisse – Khuê Pham: Wo auch immer ihr seid

In ihrem Debütroman verbindet Khuê Pham drei Erzählstränge und Schicksale, die unterschiedlicher nicht sein könnten, zu einer einzigen Familiengeschichte. Die fiktionalisierte Annäherung an ihre eigene Familiengeschichte schildert, ohne zu urteilen, vermittelt unmittelbar und schafft durch drei unterschiedliche Perspektiven dreidimensionale Figuren, die auf seltsame und dennoch wunderbare Art und Weise miteinander harmonieren.

Konturlose Räume und sich auflösende Schatten – Antje Rávik Strubel: Blaue Frau

Vier Teile, vier Namen: Adina, Nina, Sala und „der Mohikaner“ oder genauer „der letzte Mohikaner“. Der Aufbau von Antje Rávik Strubels neuestem Roman ist klar, doch schon auf den ersten Seiten zeigt sich die diffuse Komplexität, die die Leserin erwartet und noch zur Herausforderung werden wird. Ein Shortlist-Titel, der nicht nur von seiner Aktualität, sondern vielmehr von der Vielschichtigkeit der Figuren lebt.

Das Schlimmste ist, sich beim Lesen wohlzufühlen – Interview mit Klaus Kastberger

Klaus Kastberger besetzt eine der eigenartigsten und vielseitigsten Positionen im deutschsprachigen Literaturbetrieb. Als Professor an der Uni Graz rückt er der Literatur der Gegenwart mit wissenschaftlichem Besteck zu Leibe, als Leiter des dortigen Literaturhauses bemüht er sich um Literaturvermittlung, und beim Bachmannpreis schlüpft er in die Rolle des Literaturkritikers. Warum diese Verbindung ideal ist, was die Grazer Literatur so abgedreht macht und warum er sich beim Lesen niemals wohlfühlen mag, hat uns der Erfinder der Literaturshow Roboter mit Senf im Interview erzählt.

Interview: Katholische Radfahrer und Trennlinien im Zickzack

Prof. Dr. Michael Braun leitet das Literatur-Referat der Konrad-Adenauer-Stiftung. Auch im Corona-Lockdown setzt sein Referat die Zusammenarbeit mit Schriftstellerinnen und Schriftstellern fort. Mit Pascal Mathéus hat er über die Literaturförderung der politischen Stiftungen, linke und rechte Ästhetiken und die Rolle der Literatur bei der Formung einer zeitgemäßen deutschen Identität gesprochen.