Bericht eines Traumas – Abbas Khider: Der Erinnerungsfälscher

Fälschen lässt sich vieles: Kunstwerke, Diamanten, Fotos und Pässe. Das Handwerk des Fälschens ist so universell geworden, dass Begriffe von Wahrheit und Unwahrheit zunehmend verschwimmen. Doch wer seine eigene Erinnerung fälschen will, der muss ein Künstler sein, getrieben vom Versuch einer Vergangenheit zu entfliehen, die zu schmerzhaft ist, um ertragen zu werden. Abbas Khider erzählt von solch einem Erinnerungsfälscher.

Die Liebe zum Faustschlag – Wolf Wondrateschek: Im Dickicht der Fäuste

Kann man in Zeiten der popkulturellen Ironie noch mit vollem Ernst über das Männerboxen schreiben? Sicherlich nicht. Doch Wolf Wondratschek, Journalist, Poet und selber Boxer, tut es dennoch und hat mit Im Dickicht der Fäuste eine Sammlung von Reportagen, Interviews und Gedichten aus 30 Jahren geschaffen, denen Attitüde und Zeitgeist nichts anhaben können.

Für Heimat und Volk – Ronya Othmann: Die Sommer

Ronya Othmanns autobiographischer Roman ‚Die Sommer‘ erzählt die Entwicklungsgeschichte eines deutsch-kurdischen Mädchens und überzeugt sprachlich und inhaltlich – hierin sind sich die Rezensionen einig. Doch wer hat das hervorragende Debüt der Autorin zu Ende gelesen und in seiner Radikalität erfasst? Othmanns Werk ist weit mehr als eine Mahnung, die kurdischen Jesiden und ihren Existenzkampf nicht zu vergessen, und bietet reichlich Diskussionsstoff.

Ich war ein Spion der Nazis – Ulla Lenze: Der Empfänger

Agentenkrimis sind spannend aber zumeist unrealistisch. Im echten Leben wären die Herren in den teuren Anzügen und schnellen Autos zu auffällig. Ulla Lenzes neuer Roman ‚Der Empfänger‘ über einen deutschen Spion im Amerika des Zweiten Weltkrieges ist hingegen äußerst realistisch und damit wäre auch schon das Positivste über das Werk gesagt. Das reale Fundament des Buches bilden über hundert Briefe, die der Großonkel der Autorin ab den 1940er-Jahren aus Amerika an seinen Bruder schrieb. Die Hauptfigur Josef Klein ist zwar eine literarische Erfindung, doch mehrere, z. T. namhafte Historikerinnen und Historiker berieten die Autorin bei ihrer Arbeit. Wie aus spannender Quellenlage und sorgfältiger Vorbereitung ein langweiliger Roman entstehen kann, wird im Folgenden gezeigt.