Muss man die Tagebücher des Telekom-Werbeonkels und Fernsehtruckers Manfred Krug lesen? Eindeutig ja! Denn Krug war viel mehr. Unter anderem ein begabter Schriftsteller.
Schlagwort: Rezension
Nazis und Rote auf dem Dorfe – Anna Seghers: Der Kopflohn
Anna Seghers war sich schon 1933 sicher, was Hitlers Aufstieg ermöglichte: Die ungeklärte soziale Frage trieb die Bauern den Nazis in die Arme. Wenig überraschend für eine Kommunistin. Doch ihre Romane schrieb sie nicht als Politaktivistin, sondern als einfühlsame Beobachterin menschlichen Strebens und Leidens. Der Kopflohn ist ein kleines Meisterwerk.
Born to be wild – Peter Karoshi: Zu den Elefanten
Ein tief in der Midlifecrisis steckender Wissenschaftler und sein neunjähriger Sohn machen spontan eine Rucksackreise auf den Spuren Kaiser Maximilians II. und des Elefanten Soleiman. Der klägliche Versuch, seiner kriselnden Beziehung zu entkommen, entgleist erwartungsgemäß völlig und wird zu einer wirren Selbstfindungsreise. Ein wilder Ritt mit vielen Ideen, aber auch vielen losen Enden.
Die Liebe, ihre Wahrheiten und ihre Lügen – Şeyda Kurt: Radikale Zärtlichkeit
Şeyda Kurt stellt die Liebe in Frage. Das klingt groß für 200 Seiten, doch das herausragende Debüt ist perfekt. Die Aufmerksamkeit, die es gerade bekommt, ist mehr als verdient. Şeyda Kurt macht klar: Wir alle brauchen eine politische Veränderung der Zärtlichkeit.
Wenn man vom Teufel spricht – Eva Menasse: Dunkelblum
Im österreichischen Dunkelblum, im Burgenland an der ungarischen Grenze gelegen, haben die Menschen Verbrechen begangen. Doch sie und ihre Geschichte(n) scheinen größeren Gesetzen zu unterliegen. Gott schaut in die „Puppenhäuser seines Modellstädtchens“; dabei ist er im Bunde mit dem Teufel, der tatkräftig mitgebaut hat an diesem boshaften Dunkelblumer Menschenschlag. Die auch in der Kirche des Ortes anzutreffenden Teufelchen verhöhnen selbst die moralisch integren Bürger. Gerade im Moment der vermeintlichen Aufarbeitung der Naziverbrechen scheinen sie dem Menschen zuzujubilieren: „Das ist nicht das Ende der Geschichte.“ Wartet nur ab!
„Wir werden einfach nicht glücklicher“ – Svenja Flaßpöhler: Sensibel
Svenja Flaßpöhler ist umstritten. Immer wieder gerät sie mit ihren provokanten Äußerungen ins Kreuzfeuer. Dementsprechend vielstimmig fallen die Urteile zu ihrem aktuellen Sachbuch Sensibel aus, indem sie eine Reise durch die Jahrhunderte und verschiedene beteiligte Wissenschaften unternimmt, um das aktuell heiß umkämpfte Thema der gesellschaftlichen Empfindlichkeit zu ergründen. Kein Wunder – denn auch wenn sie sich vornimmt, „frei von Polemik“ zu argumentieren, so liefert sie doch genug Zündstoff, um diejenigen Leser in die Luft gehen zu lassen, die nur darauf warten. Doch wer den Filter beiseitelegen mag, könnte in diesem Buch einen höchst wertvollen Beitrag zur aktuellen gesellschaftlichen Debatte finden.
Dem Abschied ins Auge blicken – Sibylle Schleicher: Die Puppenspielerin
Sarah und Sophie sind Zwillingsschwestern. Mittlerweile Anfang vierzig haben beide ihre eigenen kleinen Familien. Ihr Verhältnis ist seit Beginn ihres Lebens eng, vertraut und liebevoll. Die Phantasiewelt, die sie sich als Kinder erschaffen haben, bewahren sie sich auch im Erwachsenenalter: in Form von Puppentheater. Sophie schreibt die Stücke, Sarah fertigt die Puppen dazu an. Doch dann erkrankt eine der Schwestern und das eingespielte Team sieht sich einem unerbittlichen Prozess aus einander widerstrebenden Gefühlen ausgesetzt.
Road to nowhere – Ronja von Rönne: Ende in Sicht
Das neue Buch von Ronja von Rönne wäre eigentlich nicht der Rede wert. Die publizistische Aktivität der Autorin rund um die Veröffentlichung Ihres Romans machen die Angelegenheit aber zu einem interessanten Fall für die Literaturkritik. Darf man ästhetische Kriterien an ein Buch anlegen, das die Autorin Ihrer Depression abgetrotzt hat?
Kill Siegfried – Felicitas Hoppe: Die Nibelungen
Ein Buch wie ein Pflichtseminar. In Felicitas Hoppes Die Nibelungen erfährt man zwar viel über Rezeption, Interpretation und Transformation der Heldensage, spürt aber nichts von ihrer eigentlichen Kraft, die die Menschen seit hunderten von Jahren in ihren Bann schlägt.
Gedächtnisbilder eines Bruders – Georges-Arthur Goldschmidt: Der versperrte Weg
Der versperrte Weg bietet auf zeitgeschichtlicher, biographischer und auch formaler Ebene Lesestoff zum Nachdenken: Ein Leben auf der Flucht vor den Nazis wie vor sich selbst, erzählt aus der Perspektive des Bruders. Über Georges-Arthur Goldschmidt neuestes Buch.










