Fremd im eigenen Tal – Julia Jost: Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht

Was die jungen Jahre als Kind so alles mit sich bringen. Jede und Jeder hat so seine ganz eigenen Erfahrungen mit dem Leben im Hause der Eltern und der unfreiwilligen Nachbarschaft gemacht. Julia Jost schreibt einen Roman darüber, wie es sich als Kind angefühlt hat, die Gegend doch fremder zu erfahren, als es das eigene Leben darin ist.

Die unerträgliche Leichtigkeit des Scheins oder Ein Halbes leben – Terézia Mora: Muna oder Die Hälfte des Lebens

Terézia Moras neuer Roman Muna oder Die Hälfte des Lebens ist eine spannende Herausforderung für alle Leser und Leserinnen. In für sie ungewöhnlicher Weise präsentiert die Autorin hier in einen Text, dessen schonungsloses Erzählen die autobiographische Perspektive der Ich-Erzählerin nutzt, um das Erwachsenwerden einer jungen Frau zu portraitieren, die sich selbst in ihren Umständen gefangen hält und darüber hinaus kaum Freiheit in den eingeübten gesellschaftlichen Arrangements finden kann. Ein wenig naiv mag es einem vorkommen, aber ist es das wirklich?

Zerrüttende Verhältnisse – Christoph Geiser: Brachland

Mit Brachland liefert Christoph Geiser die Fortsetzung seines Familienromans Grünsee und den zweiten Band seiner Werkausgabe. Im Mittelpunkt des Romans steht der Vater. Ein gesellschaftlich angesehener Kinderarzt, der auch gerne im Mittelpunkt der Familie stehen würde, dort aber aufgrund seiner patriarchalen Ansprüche untergeht und schließlich als selbstgewählter Außenseiter im Elsass landet.

Ein Drang nach Identität – Simoné Goldschmidt-Lechner (SGL): Messer, Zungen

Was bleibt einem übrig, wenn Fragen an die Vergangenheit unbeantwortet bleiben? Simoné Goldschmidt-Lechner gräbt autofiktional in losen persönlichen Fragmenten herum, um einen Roman zu präsentieren, der eine ganz eigene Familiengeschichte stückhaft zusammenfügt. Daraus gewinnt sie eine Idee der Identität und des Seins. In der Geschichte wird alles mit dem Wissen der Gegenwart betrachtet; vergangene Missverständnisse, Fehler oder Verhaltensweisen, aber auch die Sprache oder die Sprachen sind maßgebliche Faktoren für das Selbstverständnis der Protagonistin namens Mädchen.

„Im Irak feiert man den Tod mehr als jedes andere Ereignis“ – Usama Al Shahmani: Der Vogel zweifelt nicht am Ort, zu dem er fliegt

Überdurchschnittlich viele Bücher, die wir bei Aufklappen besprechen, thematisieren Fluchterfahrungen: Flucht vor patriarchalen Strukturen, aus der Stadt, vor der Vergangenheit; und immer wieder vor Kriegen und politischer Verfolgung: in Jugoslawien, im Iran, im Irak. Das jüngste Werk in dieser Reihe stammt von Usama Al Shahmani, einem größeren Publikum bekannt aus dem Schweizer Literaturclub. Es folgt inhaltlich den Stationen, die Abbas Khider im Palast der Miserablen vorgezeichnet hat, sticht aber durch eine große Nüchternheit im Ausdruck hervor.