„Die nordkoreanische Vulkanologie hob an zu singen“ – Andreas Stichmann: Eine Liebe in Pjöngjang

Der Großvater befreite sein Volk von den Japanern, der Vater sperrte es in Arbeitslager ein, der Sohn schenkt ihm Atomwaffen. Die Kims verwandelten Nordkorea in eines der am stärksten isolierten Länder der Welt. Ein Besuch auf dem Nordteil der Halbinsel gleicht einer Zeitreise. Wir schreiben das Jahr 107 nach Kim Il-sung, frühes 21. Jahrhundert. Auftritt Claudia Aebischer.

Ein lächelnder Blick in den Abgrund – Annika Büsing: Nordstadt

Nene ist Anfang zwanzig und Bademeisterin in der Nordstadt – dem Teil der Stadt, in dem Menschen mit Problemen und ohne Optionen wohnen. Eines Tages trifft sie Boris, der wegen Kinderlähmung seine Beine nicht richtig bewegen kann. Es beginnt eine Liebesgeschichte geprägt von Zweifeln, Misstrauen und starken Gefühlen, erzählt mit einer großen Portion Humor und Ironie.

Ein ungewöhlich bedeckter Himmel – Timo Feldhaus: Mary Shelleys Zimmer

1815 bricht der Vulkan Tambora auf Indonesien aus. Ein Jahr später liegt Europa im Dunkeln und erlebt die Folgen dieser Klimakatastrophe. Timo Feldhaus spannt das historische Panorama seines ersten Romans um die zerstörerische und zugleich schöpferische Kraft dieses Ausbruches. Sorgfältig konzipiert und quellennah werden dabei erst retrospektiv erkennbare Verbindungen zu einer Geschichte zusammengefügt, die zwischen historischer Realität und Fiktion einen den Globus umspannenden Raum ausfüllt, ohne dabei das Individuum zu verlieren.

Im Kunstversteck – Eckhart Nickel: Spitzweg

Spätestens seit Spitzweg ist klar: Eckhart Nickel gehört zu den ganz großen deutschsprachigen Schriftstellern der Gegenwart. Seine Prosa schert sich nicht um aktuelle Stilvorschriften. Durch ihren ins Altmodische ragenden Formwillen hat sie vielmehr etwas Zeitloses, das jedoch wiederum durch ihre Lässigkeit durchbrochen und in die Gegenwart geholt wird. Seine Romane sind unheimlich raffiniert gebaute Kunstwerke von erhabener Schönheit. Sie sind Ergebnisse einer tiefschürfenden Beschäftigung mit den großen Fragen des Lebens. Dank großer literarischer Könnerschaft wirkt dies jedoch beinahe mühelos. Wie macht er das?

Bericht eines Traumas – Abbas Khider: Der Erinnerungsfälscher

Fälschen lässt sich vieles: Kunstwerke, Diamanten, Fotos und Pässe. Das Handwerk des Fälschens ist so universell geworden, dass Begriffe von Wahrheit und Unwahrheit zunehmend verschwimmen. Doch wer seine eigene Erinnerung fälschen will, der muss ein Künstler sein, getrieben vom Versuch einer Vergangenheit zu entfliehen, die zu schmerzhaft ist, um ertragen zu werden. Abbas Khider erzählt von solch einem Erinnerungsfälscher.

Narben im Sand – Svenja Leiber: Kazimira

„[…] wein, mein Söhnchen. Dass Du wieder weich wirst, sonst kannst du nicht leben.“ So beschwört Protagonistin Kazimira ihren Sohn Ake. Denn auch er trägt die Narben der Geschichte am eigenen Leib. In ihrem mittlerweile fünften Roman präsentiert sich Svenja Leiber als Autorin einer aufwändig recherchierten, nüchtern präsentierten und zugleich erschütternden Geschichte. Alles getragen von einer Frau, die, der Zeit enthoben, für viele weibliche Schicksale steht und einer Umgebung, die der Verwüstung ebenso ausgesetzt ist, wie die dort lebenden Menschen.

Probleme sind nur dornige Chancen – Jakob Augstein: Strömung

Auch wenn Strömung das literarische Debüt von Jakob Augstein ist, handelt es sich bei ihm keinesfalls um einen Neuling im Literaturbetrieb: Als Verleger, Kolumnist, Journalist und Sachbuchautor hat er einen festen Platz innerhalb der deutschen Medienlandschaft. Für seinen ersten Roman wählt Augstein eine Charakterstudie mit satirischen Zügen: Strömung erzählt vom Aufstieg und Fall des Franz Xaver Misslinger, einem redegewandten und nach Macht strebenden Jungpolitiker, für den Probleme nur dornige Chancen sind. Dass dieser Ausspruch an Christian Lindner erinnert, ist kein Zufall: Misslingers gesamte Partei zeigt unübersehbare Parallelen zur FDP, auch wenn es sich nicht um einen Schlüsselroman handelt.