Nach einem langen schriftstellerischen Leben würdigt der Secession Verlag das literarische Schaffen Christoph Geisers mit einer 13-bändigen Werkausgabe. Es wirkt wie ein Schlusspunkt. Doch schaut man genau hin, dann fällt auf: der 13. Band ist noch nicht einmal geschrieben. Ein Gespräch über die Herkunft, das literarische Leben und die Bedeutung der Literatur.
Schlagwort: Literatur
Zerrüttende Verhältnisse – Christoph Geiser: Brachland
Mit Brachland liefert Christoph Geiser die Fortsetzung seines Familienromans Grünsee und den zweiten Band seiner Werkausgabe. Im Mittelpunkt des Romans steht der Vater. Ein gesellschaftlich angesehener Kinderarzt, der auch gerne im Mittelpunkt der Familie stehen würde, dort aber aufgrund seiner patriarchalen Ansprüche untergeht und schließlich als selbstgewählter Außenseiter im Elsass landet.
Ein Drang nach Identität – Simoné Goldschmidt-Lechner (SGL): Messer, Zungen
Was bleibt einem übrig, wenn Fragen an die Vergangenheit unbeantwortet bleiben? Simoné Goldschmidt-Lechner gräbt autofiktional in losen persönlichen Fragmenten herum, um einen Roman zu präsentieren, der eine ganz eigene Familiengeschichte stückhaft zusammenfügt. Daraus gewinnt sie eine Idee der Identität und des Seins. In der Geschichte wird alles mit dem Wissen der Gegenwart betrachtet; vergangene Missverständnisse, Fehler oder Verhaltensweisen, aber auch die Sprache oder die Sprachen sind maßgebliche Faktoren für das Selbstverständnis der Protagonistin namens Mädchen.
„Über uns der Himmel. Unter uns die Elbe“ – Die Geschichte der Buchhandlung Kortes in Blankenese
Alfred Kortes’ 1921 in der Uckermark gegründete Buchhandlung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Hamburg-Blankenese angespült. In den ersten schwierigen Jahren umschmeichelte der Buchhändler seine Kunden und bettelte bei den Verlegern um Zuteilung der knappen Bücher. Kortes schaffte es, seine Buchhandlung zu etablieren. 2022 schaut das Geschäft auf 76 Jahre in Blankenese zurück. Ein neues Kapitel wird aufgeschlagen, denn es steht ein Generationswechsel an.
Hat die Literatur versagt? – Interview mit Uwe Wittstock
Was kann die Literatur leisten, wenn ein Diktator nach der Macht greift? Der Literaturkritiker Uwe Wittstock hat einen packenden Bericht über die ersten Wochen der Nazi-Diktatur geschrieben. Binnen weniger Wochen wurde damals die Öffentlichkeit gleichgeschaltet, die Schriftstellerinnen und Schriftsteller mussten sich ad hoc positionieren. Nur wenige taten sich durch Zivilcourage hervor. Trotz aller Bitternis weiß Wittstock von kleineren und größeren Siegen der Literatur zu berichten.
Quo vadis, Literatur? – Themen und Trends beim open mike 2021
Wer wissen möchte, in welche Richtung sich die deutschsprachige Literatur in nächster Zeit entwickeln wird, dürfte beim open mike an der richtigen Adresse sein. Ich hatte in diesem Jahr die Möglichkeit, den Nachwuchswettbewerb als Blogger begleiten zu dürfen. Dabei sind mir ein paar Trends aufgefallen.
Im Auge des Betrachters – Flora S. Mahler: Julie Leyroux
Wer ist Julie Leyroux? In ihrem gleichnamigen Debütroman nähert sich die Autorin Flora S. Mahler dieser Frage, ohne abschließende Antworten zu geben, und entwirft eine im wahrsten Sinne des Wortes kunstvolle Biographie einer faszinierenden, kaum greifbaren Künstlerinnenfigur.
Requiem für einen alten weißen Mann – Johanna Adorján: Ciao
Seine Zeit läuft ab. Zu alt, zu weiß zu männlich kommt das Feuilleton vielen Zeitgenossen vor. Mit welchen Mitteln der Machtwechsel herbeigeführt werden könnte, lässt sich in dem neuen Roman von Johanna Adorján lesen. Erst wird es schmutzig, dann wird einiges besser, aber manches wird für immer verloren sein.
Autorität und Gespür – Interview mit Stefan Gmünder
Stefan Gmünder lebt seit vielen Jahren in Wien und arbeitet dort als Literaturkritiker. In diesem Jahr wurde er mit dem österreichischen Staatspreis für Literaturkritik ausgezeichnet. Der zeitgenössischen Literaturkritik fehle es vor allem an Vertrauen, findet Gmünder. Vertrauen von Redaktionen und Vertrauen in die Kraft der Literatur. Im Interview mit Aufklappen erzählt er, was Literatur und Fußball gemeinsam haben und von dem größten Lob, dass er je für seine Arbeit bekommen hat.
Bild der Frau – Jovana Reisinger: Spitzenreiterinnen
In ihrem zweiten Roman schickt die Autorin und Filmemacherin Jovana Reisinger ihre weiblichen Hauptfiguren durch ein Spiegelkabinett gesellschaftlicher Rollenzuschreibungen. Sie zeigt: Was es heißt, Frau zu sein, liegt zum Großteil noch immer im Auge des (männlich codierten) Betrachters.