Die unerträgliche Leichtigkeit des Scheins oder Ein Halbes leben – Terézia Mora: Muna oder Die Hälfte des Lebens

Terézia Moras neuer Roman Muna oder Die Hälfte des Lebens ist eine spannende Herausforderung für alle Leser und Leserinnen. In für sie ungewöhnlicher Weise präsentiert die Autorin hier in einen Text, dessen schonungsloses Erzählen die autobiographische Perspektive der Ich-Erzählerin nutzt, um das Erwachsenwerden einer jungen Frau zu portraitieren, die sich selbst in ihren Umständen gefangen hält und darüber hinaus kaum Freiheit in den eingeübten gesellschaftlichen Arrangements finden kann. Ein wenig naiv mag es einem vorkommen, aber ist es das wirklich?

Zerrüttende Verhältnisse – Christoph Geiser: Brachland

Mit Brachland liefert Christoph Geiser die Fortsetzung seines Familienromans Grünsee und den zweiten Band seiner Werkausgabe. Im Mittelpunkt des Romans steht der Vater. Ein gesellschaftlich angesehener Kinderarzt, der auch gerne im Mittelpunkt der Familie stehen würde, dort aber aufgrund seiner patriarchalen Ansprüche untergeht und schließlich als selbstgewählter Außenseiter im Elsass landet.

Ein Drang nach Identität – Simoné Goldschmidt-Lechner (SGL): Messer, Zungen

Was bleibt einem übrig, wenn Fragen an die Vergangenheit unbeantwortet bleiben? Simoné Goldschmidt-Lechner gräbt autofiktional in losen persönlichen Fragmenten herum, um einen Roman zu präsentieren, der eine ganz eigene Familiengeschichte stückhaft zusammenfügt. Daraus gewinnt sie eine Idee der Identität und des Seins. In der Geschichte wird alles mit dem Wissen der Gegenwart betrachtet; vergangene Missverständnisse, Fehler oder Verhaltensweisen, aber auch die Sprache oder die Sprachen sind maßgebliche Faktoren für das Selbstverständnis der Protagonistin namens Mädchen.

Weiter lesen – Ruth Klüger: „Wer rechnet schon mit Lesern?“

Ruth Klüger war eine beeindruckende Frau und viel mehr als Zeugin für die Shoah und frühe literaturwissenschaftliche Feministin. Dank dem Göttinger Wallstein Verlag lassen sich die vielfältigen literarischen Interessen Klügers nun in einem sorgfältig edierten Band entdecken. Die neu erschienene Aufsatzsammlung mit bislang unveröffentlichten Texten der 2020 verstorbenen Literaturwissenschaftlerin zeugen von Klügers breiter Kenntnis und leidenschaftlicher Akribie.

Das Schlimmste ist, sich beim Lesen wohlzufühlen – Interview mit Klaus Kastberger

Klaus Kastberger besetzt eine der eigenartigsten und vielseitigsten Positionen im deutschsprachigen Literaturbetrieb. Als Professor an der Uni Graz rückt er der Literatur der Gegenwart mit wissenschaftlichem Besteck zu Leibe, als Leiter des dortigen Literaturhauses bemüht er sich um Literaturvermittlung, und beim Bachmannpreis schlüpft er in die Rolle des Literaturkritikers. Warum diese Verbindung ideal ist, was die Grazer Literatur so abgedreht macht und warum er sich beim Lesen niemals wohlfühlen mag, hat uns der Erfinder der Literaturshow Roboter mit Senf im Interview erzählt.