Mit Brachland liefert Christoph Geiser die Fortsetzung seines Familienromans Grünsee und den zweiten Band seiner Werkausgabe. Im Mittelpunkt des Romans steht der Vater. Ein gesellschaftlich angesehener Kinderarzt, der auch gerne im Mittelpunkt der Familie stehen würde, dort aber aufgrund seiner patriarchalen Ansprüche untergeht und schließlich als selbstgewählter Außenseiter im Elsass landet.
Schlagwort: Literaturkritik
Ein Drang nach Identität – Simoné Goldschmidt-Lechner (SGL): Messer, Zungen
Was bleibt einem übrig, wenn Fragen an die Vergangenheit unbeantwortet bleiben? Simoné Goldschmidt-Lechner gräbt autofiktional in losen persönlichen Fragmenten herum, um einen Roman zu präsentieren, der eine ganz eigene Familiengeschichte stückhaft zusammenfügt. Daraus gewinnt sie eine Idee der Identität und des Seins. In der Geschichte wird alles mit dem Wissen der Gegenwart betrachtet; vergangene Missverständnisse, Fehler oder Verhaltensweisen, aber auch die Sprache oder die Sprachen sind maßgebliche Faktoren für das Selbstverständnis der Protagonistin namens Mädchen.
Verstrahlt – Benjamin Heisenberg: Lukusch
Vom Strahlenopfer zum Schachgenie und hellsehenden Unternehmensberater: Anton Lukuschs abenteuerliche Biographie ist der Gegenstand von Bejamin Heisenbergs erstem Roman. Tragen skurrile Einfälle und filmische Cuts das Buch bis zum Ende?
Weiter lesen – Ruth Klüger: „Wer rechnet schon mit Lesern?“
Ruth Klüger war eine beeindruckende Frau und viel mehr als Zeugin für die Shoah und frühe literaturwissenschaftliche Feministin. Dank dem Göttinger Wallstein Verlag lassen sich die vielfältigen literarischen Interessen Klügers nun in einem sorgfältig edierten Band entdecken. Die neu erschienene Aufsatzsammlung mit bislang unveröffentlichten Texten der 2020 verstorbenen Literaturwissenschaftlerin zeugen von Klügers breiter Kenntnis und leidenschaftlicher Akribie.
Road to nowhere – Ronja von Rönne: Ende in Sicht
Das neue Buch von Ronja von Rönne wäre eigentlich nicht der Rede wert. Die publizistische Aktivität der Autorin rund um die Veröffentlichung Ihres Romans machen die Angelegenheit aber zu einem interessanten Fall für die Literaturkritik. Darf man ästhetische Kriterien an ein Buch anlegen, das die Autorin Ihrer Depression abgetrotzt hat?
Die Metaphysik einer Familie – Elke Schmitter: Inneres Wetter
Drei erwachsene Kinder um die 50, ihr Vater, der auf seinen 77. Geburtstag zusteuert und die Schwiegertochter – sie bilden die Grundlage von Elke Schmitters Roman Inneres Wetter, der sich dem facettenreichen und schwer fassbaren Beziehungsgeflecht einer bürgerlichen Akademikerfamilie widmet.
Das Schlimmste ist, sich beim Lesen wohlzufühlen – Interview mit Klaus Kastberger
Klaus Kastberger besetzt eine der eigenartigsten und vielseitigsten Positionen im deutschsprachigen Literaturbetrieb. Als Professor an der Uni Graz rückt er der Literatur der Gegenwart mit wissenschaftlichem Besteck zu Leibe, als Leiter des dortigen Literaturhauses bemüht er sich um Literaturvermittlung, und beim Bachmannpreis schlüpft er in die Rolle des Literaturkritikers. Warum diese Verbindung ideal ist, was die Grazer Literatur so abgedreht macht und warum er sich beim Lesen niemals wohlfühlen mag, hat uns der Erfinder der Literaturshow Roboter mit Senf im Interview erzählt.
Schluss mit Stuckrad-Barre – Interview mit Miriam Zeh
Literaturkritik ist nicht in der Krise, sie entwickelt sich bloß weiter, meint die Kritikerin Miriam Zeh. In Zukunft müsse es darum gehen, den Bedürfnissen einer sich pluralisierenden Gesellschaft entgegen zu kommen. In welchen Medien, mit welcher Sprache und mit welchen Büchern es klappen könnte, erzählt sie im Interview mit Aufklappen.
Requiem für einen alten weißen Mann – Johanna Adorján: Ciao
Seine Zeit läuft ab. Zu alt, zu weiß zu männlich kommt das Feuilleton vielen Zeitgenossen vor. Mit welchen Mitteln der Machtwechsel herbeigeführt werden könnte, lässt sich in dem neuen Roman von Johanna Adorján lesen. Erst wird es schmutzig, dann wird einiges besser, aber manches wird für immer verloren sein.
Autorität und Gespür – Interview mit Stefan Gmünder
Stefan Gmünder lebt seit vielen Jahren in Wien und arbeitet dort als Literaturkritiker. In diesem Jahr wurde er mit dem österreichischen Staatspreis für Literaturkritik ausgezeichnet. Der zeitgenössischen Literaturkritik fehle es vor allem an Vertrauen, findet Gmünder. Vertrauen von Redaktionen und Vertrauen in die Kraft der Literatur. Im Interview mit Aufklappen erzählt er, was Literatur und Fußball gemeinsam haben und von dem größten Lob, dass er je für seine Arbeit bekommen hat.